Innen hui, außen pfui – Agra und Taj Mahal
7 12 2011Am Mittwoch, den 30.11. stand wieder einmal schrecklich frühes Aufstehen auf dem Programm, denn unser Zug nach Agra im Bundesstaat Uttar Pradesh startete bereits um 6 Uhr. Uttar Pradesh ist der bevölkerungsreichste Bundesstaat Indiens und der Taj Mahal in Agra ist sein berühmtestes Wahrzeichen. Nachdem wir während der 4-stündigen Zugfahrt sogar noch eine Runde schlafen konnten, kamen wir kurz vor elf Uhr in Agra an und fuhren erst einmal mit dem TukTuk zu Yashs Café, um unsere Rucksäcke dort gegen eine geringe Gebühr abzugeben.
Im Laufe unserer Reise gen Norden haben sich die Warnungen von Guides/Fahrern bezüglich der nächsten, nördlicheren Stadt wie ein roter Faden durchgezogen: Im Süden sagte man uns, der Norden sei rückständig, rau und Abzocke an jeder Ecke. In Udaipur warnte uns unser Guide vor Provisionshaien in Jaipur (und er hatte bekanntlich recht behalten). In Jaipur warnte uns der Guide vor Agra, ganz schlimme Abzocke gebe es dort und einigen Touristen wurde wohl letztes Jahr Gift ins Essen gemischt, sodass sie gezwungen waren, im städtischen Krankenhaus ihre Kreditkarte zu zücken und länger zu bleiben als beim üblichen Tagesausflug. Zugegebenermaßen: Wir hatten im Vorfeld auch nicht viel Gutes von Agra gehört und waren entsprechend gespannt, was auf uns zukommen wird.
Nachdem wir unsere Rucksäcke losgeworden sind, ging’s erst einmal zum Fort Agra, einer Festung, die im Jahre 1565 vom damaligen Herrscher Akbar errichtet und von seinem Nachfolger Shah Jahan (der auch den Taj Mahal bauen ließ) mit weißem Mamor erweitert wurde. Das Fort liegt am heiligen Fluß Yamuna und besteht wie das rote Fort in Delhi aus rotem Sandstein. Obwohl wir eigentlich keine weiteren Forte besuchen wollten (sie ähneln sich in ihren Grundzügen in Indien sehr und wir sind zu wenig architekturbegeistert, um uns an den kleinen Unterschieden zu erfreuen), haben wir doch eine Karte gekauft und uns das Fort angeschaut. Die Marmorsäle haben uns beeindruckt und das Fort ist definitv schöner als das in Jaipur. Vom Fort ging’s dann direkt zum Grabmal von Mizra Ghiyas Beg, einem Verwandten der Herrscherfamilie aus dem 17Jh. Das Grabmal wird auch „Baby Taj“ genannt, da es dem Taj Mahal in seiner Form stark ähnelt, wenn auch weitaus weniger prunkvoll. Uns hat der Baby Taj sehr gut gefallen und lohnt auf jeden Fall einen Besuch, wenn man in Agra ist.
Den Höhepunkt des Tages, den Besuch des Taj Mahals hatten wir uns für ganz zum Schluß aufgehoben, zumal die Stimmung dort bei Sonnenuntergang am schönsten ist und die Touristenmassen etwas abgeflaut sind. Vom Baby Taj ging’s dann also endlich zum Westtor des Taj Mahals, wo man jedoch noch einige 100 Meter laufen muss, da motorisierte Fahrzeuge seit einigen Jahren nicht mehr bis ganz zu den Toren heranfahren dürfen (so soll die Oberfläche des Taj Mahals vor unmittelbaren Abgasen geschützt werden).
Auf dem Weg zum Tor kaufte sich Heike ein Eis und das war keine gute Idee, da sie prompt von einer Gruppe Affen umringt wurde, die ihr das Eis aus der Hand klauen wollten. Selbst lautes Verscheuchen mit Körpereinsatz half nichts, die Viecher kamen immer wieder. Seitdem ein Affe vor einigen Jahren mal ziemlich aggressiv versucht hat, in unseren Strand-Bungalow „einzubrechen“, stehen wir eh in Kriegsfuß mit den Viechern und können denen nicht viel abgewinnen. Die Lösung war hier nur, dass Eis mit einem Habs Robbe in den Mund zu stecken, sonst hätten die Viecher keine Ruhe gegeben. Also keine Lebensmittel auf dem Weg zum Taj Mahal, außer ihr wollt die Affen glücklich machen!
Am Eingang angekommen dann die nächste Hürde: Warum auch immer durfte Robin seinen Laptop nicht mit reinnehmen. Also zurück zum 300 Meter entfernten Schließfach, das Ding eingeschlossen und neuer Versuch. Äußerst interessant, was noch alles verboten ist mit aufs Gelände zunehmen – siehe Foto! Bücher, Stifte…! Weiß der Geier warum es diese ganzen Verbote gibt. Irgendwann waren wir dann endlich drin und alle Mühe und verlorenen Nerven haben sich gelohnt: Der Taj Mahal ist einfach bezaubernd! Man geht durch eines der Tore, sieht erstmal nichts und wenn man dann durchgetreten ist, steht er vor einem und ist noch viel beeindruckender, als man ihn von Fotos her kennt.
Der Mogulherrscher Shah Jahan erbaute den Taj Mahal zum Gedenken an seine zweite Frau Mumtaz Mahal, die 1631 bei der Geburt ihres vierzehnten Kindes gestorben war. Mumtaz‘ Tod brach dem Herrscher das Herz. Angeblich ist sein Haar daraufhin fast über Nacht ergraut. Die Bauarbeiten begannen noch im selben Jahr und das Gebäude wurde 8 Jahre später fertig gestellt. Es gibt Geschichten, die besagen, dass Shah Jahan nach Fertigstellung der Bauarbeiten angeordnet hatte, sämtlichen am Bau beteiligten Arbeitern die Hände abzuhacken und die Augen auszustechen, damit sie nie wieder so etwas schönes erschaffen können…. 😉
Vielleicht zur Strafe wurde Shah Jahan kurz nach Fertigstellung der Bauarbeiten von seinem Sohn vom Thron gestoßen und im Fort inhaftiert. Für den Rest seines Lebens konnte er seine Schöpfung nur noch durch ein Fenster betrachten und wurde nach seinem Tod 1666 neben seiner Frau im Taj Mahal beigesetzt.
Im Innenraum des Gebäudes befinden sich die (leeren) Marmorsärge der beiden, die sterblichen Überreste liegen in den versiegelten Kellergewölben des Taj Mahals.
Nachdem wir von allen Seiten Fotos geschossen und alles ausgiebig begutachtet hatten, suchten wir uns noch ein nettes Restaurant mit Dachterasse und schönem Blick auf den Taj Mahal, um etwas zu essen, bevor es mit dem Zug nah Delhi ging. Die Aussicht auf den Taj Mahal war schön, die Aussicht in die Küche einfach nur furchterregend. Nichts für schwache Gemüter, aber wir hofften einfach mal, das alles gutgeht und Dreck reinigt ja bekanntlich den Magen….
Das Essen war dann leider auch nicht so berauschend – im Süden ist es definitiv besser!! Nach dem Essen wurde es dann auch schon wieder fast Zeit, zum Bahnhof zu fahren. Vorher hingen wir noch noch ne Weile im Internetcafe rum und ließen bei einem Chai den Tag Revue passieren: Der Taj Mahal ist definitiv ein Must-See in Indien, aber dafür reicht ein Tagesausflug nach Agra vollkommen aus. Es lohnt sich keinesfalls, hier länger zu bleiben, denn die Stadt ist dreckig und heruntergekommen und es laufen einige windige Gestalten durch die Gegend, die wenig vertrauenserweckend aussehen.
Um 20.20 Uhr ging unser Express-Zug, der uns in 2 Stunden nach Delhi brachte. Wir hatten diesmal die Chair Class gebucht und hier gab es ähnlich wie im Flieger Getränke und Essen. Hätten wir das gewusst, hätten wir uns das schlechte Essen vorher sparen können….Gegen 23 Uhr checkten wir in unserem Hotel in Delhi ein und träumten von Forten, Grabmälern, Gift im Essen und ausgestochenen Augen… 😉
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